Der demografische Wandel spielt in der aktuellen Debatte um die Pflegeversicherung eine entscheidende Rolle. Schließlich werden immer mehr alte Menschen zu Pflegefällen, und die immer teurer werdenden Leistungen werden von stets weniger sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmern finanziert. Kurzum: Reformen der gesetzlichen Pflegeversicherung scheinen unabwendbar.
Beitragsanstieg und Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung
Viele Experten weisen darauf hin, dass Privatmenschen für eine bessere Kapitaldeckung sorgen müssen, also privat vorsorgen sollten, um sich für den Pflegefall abzusichern.
Nach aktuellen Schätzungen wird der Beitragssatz für die Pflegeversicherung von aktuell 1,7 % bzw. 1,95 % bei Kinderlosen ab 23 Jahren nicht so gering bleiben können. Bis 2060 wird ein Beitragsanstieg auf mindestens 4 % stattfinden müssen, um die Leistungen zu finanzieren, selbst wenn vorausgesetzt würde, dass auf bessere Leistungen verzichtet würde.
Würde darauf nicht verzichtet, könnten sich die Beiträge auf 6 % bis 7 % des Bruttoentgelts erhöhen. Schon in den nächsten Jahren wird die Anzahl der Pflegebedürftigen steigen und die der Arbeitnehmer zurückgehen.
Das Konzept der Union
Die Union strebt das sog. „kapitalgedeckte solidarische Prämienmodell“ an und will zu diesem Zweck zusätzlich zur umlagefinanzierten Pflegeversicherung, deren Beitragssatz auf dem derzeitigen Stand bleiben soll, private Beiträge erheben.
Von der Zahlungspflicht wären nur Kinder, Jugendliche und Geringverdienende ausgenommen. Alle anderen sollen als sogenannte Kopfpauschale monatlich 6,- € privat bezahlen, wobei sich die monatliche Zuzahlung jährlich um einen Euro erhöhen werde. Mit dieser Beteiligung sollten verbesserte Leistungen ermöglicht und höhere Ausgaben aufgrund des demografischen Wandels aufgefangen werden.
Die interne Arbeitnehmergruppe der Union bevorzugt jedoch Reformen, bei denen der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung, der derzeit bei 4,2 % des Bruttoeinkommens liegt, um 0,8 % bis 1,0 % gesenkt wird, was Unternehmen und Bürger entlasten würde. Dafür solle jedoch der Arbeitnehmer-Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung um 0,5 % angehoben werden.
So könnten 3 Mrd. Euro zusätzlich eingenommen werden. Von diesen Einnahmen sollen rund zwei Drittel als Zukunftsreserve verwendet und das andere Drittel direkt für bessere Leistungen eingesetzt werden.
Das Konzept der SPD
Die Partei nimmt Abstand von einer Kopfpauschale und bevorzugt weiterhin einen einkommensabhängigen Beitrag. Es ist jedoch die Rede davon, zum Einkommen auch Einnahmen wie aus Zinsen oder aus Vermietung hinzuzurechnen und so die zu besteuernde Basis zu erweitern. So sollen Arbeitnehmer in Abhängigkeit von ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden.
Die steigenden Pflegekosten sollen indes mit Steuergeldern aufgefangen werden. Die Pflegekosten sollen rechnerisch an die Inflation angepasst werden, wobei die Preisentwicklung der vergangenen drei Jahre als Richtwert dienen soll.
Insbesondere plant die Partei den Ausbau der Leistungen für geistige Behinderte, Alzheimer- und Demenzkranke auch in Hinsicht auf verbesserte Betreuungsmöglichkeiten. In Firmen, die über mehr als 15 Angestellte verfügen, sollen pflegende Angehörige künftig im Rahmen der Pflegezeit bis zu sechs Monate unbezahlt von der Arbeit freigestellt werden können.
Die Finanzierung soll dabei solidarisch über die privaten und gesetzlichen Pflegekassen geschehen, indem eine Sonderzahlung von den PKV an die gesetzlichen Pflegekassen geleistet wird.
Andere Stimmen
Auch andere Parteien haben sich zu den geplanten Reformen geäußert. Die FDP möchte die Pflegeversicherung vollständig privat und einkommensunabhängig finanzieren lassen, die Linksfraktion hingegen favorisiert eine Einheitskasse.
Bert Rürup von den Wirtschaftsweisen hält es für sinnvoll, alle Jahrgänge bis 1950 im alten System zu belassen und alle späteren Jahrgänge in eine kapitalgedeckte Pflegeversicherung wechseln zu lassen. Auf welche Finanzierung der Pflegekosten die Politik sich letztlich einigt, ist für die Bürger ein wichtiges Thema.